Erektionsstörungen
Erektionsstörungen, auch erektile Dysfunktion genannt, ist eine sehr häufige Erkrankung des alternden Mannes. Überträgt man die Daten von Studien aus Deutschland, so beträgt die Zahl der Männer, die in Österreich an erektiler Dysfunktion leiden, zwischen 240.000 und 700.000 (je nach Schweregrad der Erektionsstörung). Wir wissen auch, dass sehr viele Männer zunächst einmal diese Erkrankung gar nicht wahrhaben wollen und diese Beschwerden jahrelang mit sich herumtragen. Bemerkenswert ist, dass die Erektionsstörung auch ein Vorzeichen einer allgemeinen Herz-Kreislauf-Erkrankung sein kann und es ist deshalb ganz besonders wichtig, diese Erkrankung nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern frühzeitig einen Arzt deswegen aufzusuchen. Seit der Einführung von Viagra ist natürlich die Therapie der Erektionsstörungen deutlich einfacher geworden. Auch mit der Einführung neuer Medikamente, welche die bestehende Erektion verstärken und verlängern, hat sich die Zahl der Männer, welche wegen Erektionsstörungen ärztliche Hilfe aufsuchen, deutlich erhöht. Wichtig ist, bereits frühzeitig mit einer Therapie zu beginnen, da einerseits eine frühe Therapie die Sauerstoffsättigung des Penis und damit auch dessen Funktionalität langfristig verbessern kann. Weiters sollte man auch unbedingt bedenken, dass die Erektionsstörung nicht nur eine Störung der Sexualität, sondern auch der gesamten Intimität des Paares darstellt und mit der Therapie der Erektionsstörung behandelt man immer 2 Personen (den Patienten und dessen Partnerin)! Ich darf Sie deshalb ermutigen, möglichst rasch professionelle Hilfe aufzusuchen.
Erektile Dysfunktion ist eine häufige Erkrankung, die mit dem Altern assoziiert ist, allerdings nicht unbedingt eine Konsequenz des Alterns ist ! So sind Fälle von betagten Patienten bekannt, welche trotz Diabetes, Nikotin- und Alkoholabusus bis ins hohe Alter potent waren. Andererseits finden sich Männer, wo trotz Ausschluß aller möglichen Pathologien keine suffiziente Erektilität besteht.
Die Beschreibung der Physiologie und der Pathophysiologie der Erektionsstörung ist ein sehr diffiziles Thema, denn bisher ist es weder gelungen, die Mechanismen bis ins letzte Detail aufzuklären, noch die Zusammenhänge und Unterschiede zwischen erektiler Dysfunktion, Libido, Orgasmusfähigkeit und Ejakulation genau zu definieren. Der folgende Artikel soll die bisher bekannten Zusammenhänge der Erektion beleuchten und auf neue Theorien der Pathophysiologie der Erektionsstörung eingehen.
Physiologie der Erektion
Für einen funktionierenden Erektionsmechanismus bedarf es der Aktivierung und Funktion dreier Komponenten: „Lue(18)“
neurogenes System ( zentrale und periphere Regelkreise )
endokrines System ( endo- und parakrine Freisetzung von gefäßaktiven Substanzen )
vaskuläres System ( Vasodilladation und Veno – Okklusionsmechanismus )
Jede Störung in einem dieser Kompartments führt zur Verminderung der Erektilität bzw. zur Impotenz.
Anatomie:
Der Penis besteht aus 2 dorsalen zylindrischen Körpern, Corpora cavernosa genannt, und dem ventralen Corpus spongiosum, welcher die Urethra einscheidet und nach distal die Glans penis bildet. Die Corpora cavernosa werden von einer dicken fibrösen Kapsel, der Tunica albuginea umgeben. Die Fasern dieser Scheide bilden medial ein perforiertes Septum, sodaß man von einem funktionellen Schwellkörper sprechen kann. Das Corpus spongiosum hat eine dünnere Tunica albuginea. Das kavernöse Gewebe ist wie ein Schwamm aufgebaut, die Hohlräume werden als sinusoide oder lakunäre Räume bezeichnet. Die cavernösen Räume sind mit Endothel ausgekleidet und werden durch Trabekeln unterteilt, die aus glatten Muskulaturbündeln und einer extrazellulären Matrix aus Kollagen, Elastin und Fibroblasten zusammengesetzt sind. Zell-Zellverbindungen in Form von Gap-junctions verbinden die glatten Muskelzellen des Corpus cavernosum und sind so an der Signaltransduktion beteiligt.
Die penile Arterie kommt aus der Arteria pudenda interna. Diese verzweigt sich im weiteren Verlauf in die bulbäre, urethrale (spongiöse), dorsale und cavernösen Arterien. Die cavernöse Arterie verzweigt sich in viele kleine Seitenäste – Arteriae helicinae genannt, welche sich zu den cavernösen Räumen weiten.
Der venöse Abfluß wird von der Vena dorsalis penis, den intermediären und der tiefen dorsalen Venen, welche die Corpora cavernosa und das Corpus spongiosum drainieren, besorgt.
Bei der nervösen Versorgung entspringen parasympathischen Nervenfasern dem Sakralmark S2-S4. Die präganglionären Nerven ziehen in den Plexus pelvicus, wo sie sich mit den sympathischen Nerven zum Plexus hypogastricus vereinen. Die sympathischen Nervenfasern kommen aus den Segmenten Th12-L2 und ziehen deszendierend in den Plexus hypogastricus.
Die sensorischen Nervenfasern konvergieren zum Nervus dorsalis penis, welcher nach Vereinigung mit weiteren perinealen Ästen als Nervus pudendus internus in S2-S4 in das Rückenmark mündet. Motorische Nervenfasern ziehen vom Sakralmark (S2-S4) zum Nervus pudendus und innervieren den M. bulbocavernosus und den M. ischiocavernosus „Melman (19).
Hämodynamik
Die penile Erektion und Erschlaffung (Detumeszenz) sind hämodynamische Ereignisse, welche durch die Relaxation bzw. Konstriktion der glatten Muskulatur bewirkt wird „Andersson (1)“. Im unerregierten Zustand überwiegt der Sympathikotonus und die glatte Gefäßmuskulatur der Arterien und des Corpus cavernosum sind kontrahiert. Dadurch kommt es nur zu einer minimalen Durchblutung der Schwellkörper – ein Phänomen, auf das bei der Pathophysiologie noch näher eingegangen wird. Während sexueller Stimulation kommt es unter parasympathischem Tonus zu einer Verminderung des peripheren Widerstandes durch Vasodilatation und zunehmenden Blutfluß der cavernösen und helikalen Arterien. Die Relaxation der glatten Muskulatur in den Trabekeln bewirkt eine Erweiterung der lakunären Räume und damit zur Vergrößerung des Penis und zur Erektion. Im voll erigierten Zustand – durch vergrößertes Blutvolumen und Kompression der Trabekel gegen die starre Tunica albuginea – kommt es zu einer Reduktion des venösen Abflusses (= Veno-Okklusionsmechanismus). Im Zustand der vollen Rigidität kommt es durch absichtliche oder reflexbedingte Kontraktion der ischiokavernösen und bulbokavernösen Muskeln zu einem Blutdruckanstieg in den Schwellkörpern, welcher über dem systolischen Blutdruck liegt. Nach dem Orgasmus, in der Phase der Detumeszenz, kommt es durch die Aktivierung des Sympathikus zu einer Kontraktion der Aa. helicinae und der glatten Trabekularmuskulatur. Der arterielle Blutfluß wird auf Ruhewerte reduziert, der intracavernöse Druck nimmt ab und verringert damit die Kompression der Vv. perforantes durch die Tunica albuginea (Inaktivierung des Veno-Okklusionsmechanismus). Somit stellt die Erektion ein sensibles System zwischen Sympathikus und Parasympathikus, sowie Relaxation und Konstriktion der glatten Gefäßmuskulatur dar (1,16).
Neuroendokrinologie
Die Kontraktion der glatten Muskulatur im Corpus cavernosum wird durch das sympathische Nervensystem moduliert. Die Freisetzung von Norepinephrin führt zur Aktivierung postsynaptischer -1 und -2 Rezeptoren. Die Relaxation der glatten Muskulatur wird durch Acetylcholinfreisetzung des Parasympathikus gesteuert und ein weiterer, sehr wichtiger Transmitter sind Stickoxydverbindungen (NOs). NOs – früher auch als Endothelium-derived relaxing factor genannt – führen zu einer Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur „Burnett (6)“. Stickoxyde entstehen durch enzymatische Oxydation des terminalen Stickstoffes der Aminosäure L-Arginin. Stickoxyde werden einerseits von Endothelium freigesetzt und andererseits durch efferente Neuronen, nachdem ein sexueller Reiz gesetzt wurde. Die Freisetzung von Stickoxyden bewirkt durch Aktivierung der Guanylatzyklase die Synthese von zyklischem Guanosin-Monophosphat (cGMP). Ein intrazellulärer Anstieg von cGMP führt über die Aktivierung der Proteinkinase G zu einer Verminderung der intrazellulären Kalziumkonzentration und damit zu einer Verminderung des Gefäßmuskeltonus „Lamas (14)“. Die Kaskade dieser enzymatischen Schritte scheint sehr vom Sauerstoffpartialdruck im Corpus cavernosum abhängig zu sein und andererseits gibt es auch Hinweise, daß enzymatische Abbauprodukte die NO-mediierte Relaxation der glattten Muskulatur vermindert „Kim (12)“.
Neuropeptide
Endothelzellen des Corpus cavernosum synthetisieren Endothelin, ein potenter und langwirksamer Vasokontriktor „Saenz de Tejada (27)“. Daher scheint Endothelin für den Dauertonus der glatten Muskulatur verantwortlich zu sein und somit den Penis im flakziden Zustand zu halten. Endothelin-I soll auch ein Verstärker der Gefäßantwort auf andere Vasomodulatoren zu sein.
Ein weiteres Neuropeptid in der Regulation der Erektion ist Vasoaktives Intestinales Peptid (VIP). VIP kann sowohl im autonomen Nervensystem der glatten Muskulatur im Corpus cavernosum und spongiosum, weiters auch in der Tunica albuginea, der penilen Arterien und Venen nachgewiesen werden „Willis (30)“. VIP vermindert den Muskeltonus in den Schwellkörpern, scheint aber per se keinen starken Effekt auf die Erektilität zu haben. Eher kann diesem Neuropeptid ein permissiver Mechanismus zugeschrieben werden, wie in diversen SKAT Studien berichtet.
Prostaglandin E1, ein weiteres Neuropeptid und als Alprostatil aus der SKAT-Therapie wohlbekannt bewirkt nach dessen Freisetzung die Aktivierung der Adenylatzyklase. Es kommt dadurch zu einer Erhöhung der intrazellulären cAMP Konzentration und zur Stimulation der Proteinkinase A (PKA). Die konsekutive Modulation von Membranproteinen führt zu einer Verminderung der Membranleitfähigkeit für Kalzium und Kalium und damit zu einer Entspannung der glatten Gefäßmuskulatur.
Elektrophysiologie
Die Dichte neuronaler Endigungen in den Schwellkörpern scheint nicht ausreichend zu sein um eine koordinierte und rasche Antwort der glatten Gefäßmuskulatur während der Erektion und der Detumeszenz zu bewirken. Im Verlauf elektromyographischer Studien kam man immer mehr zu dem Schluß, daß elektrische Potentiale den Gefäßtonus steuern. Diese elektrischen Signale werden über Gap-Junctions ( interzelluläre Tunnelproteine, durch welche Zellen durch Ionenaustausch und Signalproteine miteinander kommunizieren ) innerhalb der Schwellkörper fortgeleitet „Christ (9)“.
Wie aus der Graphik hervorgeht (Abb. 1), spielen besonders Kalzium- und Kaliumione eine zentrale Rolle bei der Regulation des Muskeltonus. Durch neuroendokrine Stimulation kommt es zu einer Modulation der intrazellulären Kalziumkonzentration. So führt eine Erhöhung der intrazellulären Kalziumkonzentration zu einer Kontraktion der glatten Muskulatur. Für die Aufrechterhaltung dieses erhöhten Tonus ist auch ein kontinuierlicher Kalziumeinstrom aus dem Extrazellulärraum vonnöten. Die -1 adrenerge Stimulation führt über die Aktivierung von Inositoltriphosphat (IP3) zu einer intrazellulären Ca-Freisetzung und den Anstieg von Diacylglyzerol (DAG) zu einer Aktivierung von Kalzium- und Kaliumkanälen. Somit wird die Zellmembran depolarisiert und damit die Kontraktion der glatten Muskulatur ausgelöst.
In entgegengesetzter Weise funktioniert die Relaxation der glatten Muskulatur. Wie oben erwähnt kommt es durch die NO-Freisetzung zu einem intrazellulären Anstieg von cGMP und in weiterer Folge zu einer Kanalmodulation durch die Aktivierung von Proteinkinase G. Ähnliche Mechanismen werden auch durch die Aktivierung von Prostaglandin E und VIP bedingt, welche über einen Anstieg von intrazellulärem cAMP zu einer Modulation der Ionenkanäle und der Gap-Junctions führt. Der Kalziumeinstrom wird vermindert, intrazelluläres Kalzium wird in den Mitochondrien gespeichert und durch die Blockade des Kaliumausstromes wird die Zellmembran hyperplarisiert und damit die glatte Muskelzelle schwerer kontrahierbar (7-9).
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß alle Mechanismen, welche zum Anstieg von Kalzium und zur Muskelkontraktion führen, die intrazelluläre Kommunikation über Gap-junctions fördern, während alle Mechanismen die zum Anstieg von cGMP und cAMP, und damit zur Muskelrelaxation führen, die Zell-Zell-Interaktionen reduziert. Connexin 43 scheint eines dieser Gap-Junctions Proteine zu sein. Giraldi et al. zeigten, daß die Konzentration dieses Proteins zwischen dem 2 bis 8-fachen bei potenten und impotenten Patienten variierte (7-9).
Pathophysiologie
Wie bei der Physiologie der Erektion gezeigt wurde, setzt die Erektion bzw. die Detumeszenz eine funktionierenden Regelkreis, bestehend aus der Freisetzung von Hormonen, Neurotransmittern, Ionen und second-messenger Mechanismen voraus um den Gefäßtonus zu modulieren „Lue (18)“. Die Ätiologie der Erektionsstörung muß zwar genauer aufgeklärt werden, obwohl sich immer deutlicher herausstellt, daß sowohl organische Faktoren als auch psychische Einflüsse den Stickoxyd / cGMP Regelkreis beeinträchtigen können und somit zu einem Mißverhältnis zwischen Muskelrelaxation und -konstriktion führen.
Molekulare Pathophysiologie der erektilen Dysfunktion
Wie im Physiologieteil beschrieben, setzt eine suffiziente Erektion einen funktionierenden Veno-Okklusionsmechanismus vorraus „Nehra (24)“. Viele Komponenten sind dabei involviert:
intaktes zentrales Nervensystem
intaktes peripheres Nervensystem
suffizientes kardiovaskuläres System
gute Trabekelstruktur in den Schwellkörpern
funktionierendes peniles venöses Abflußsystem
Prinzipiell besteht im Penisschwellkörper ein sehr niedriger Sauerstoff Partialdruck – man findet hypoxische Verhältnisse vor. Während sexueller Aktivität oder zunehmender Tumeszenz steigt die arterielle Durchblutung und der Sauerstoffdruck (PO2) in den Schwellkörpern von 25-40 mm Quecksilbersäule (Hg) auf 90-100 mm Hg „Lerner (17)“. In diesem euoxyschen Zustand nimmt auch die NO-Synthese zu und damit beginnt die zunehmende Blutfülle im Pensischwellkörper. Ein weiterer wichtiger Faktor ist auch das Verhältnis zwischen der glatten Muskulatur der Trabekel und dem Bindegewebe. Im gesunden Corpus cavernosum beträgt das Verhältnis glatte Muskulatur zu Bindegewebe etwa 50:50 „Mersdorf (20)“. Alle Veränderungen in dieser Gewebszusammensetzung – sprich eine zunehmende Fibrosierung der Schwellkörper – führt zu einer Verminderung der Schwellkörpercomliance (13, 17, 21).
Moreland et al. konnten nun in Studien nachweisen, daß es in den Schwellkörpern zwei Gewebsfaktoren gibt, die dieses Verhältnis beeinflussen. Es ist dies einerseits der Wachstumsfaktor Transforming Growth Faktor- (TGF und andererseits Prostaglandin E1 (PGE1) „Moreland (23)“. TGFist ein Zytokin, welches bei niedrigem Sauerstoffpartialdruck synthetisiert wird „Nehra (25)“. TGF hemmt das Wachstum der glatten Muskelzellen und induziert die Synthese von Kollagen und Bindegewebe (4,15). Zusätzlich hemmt es die Kollagenaseaktivität und man findet dieses Zytokin bei der Lungen-, Leber- und Nierenfibrose „Botney (5)“, sowie bei der Atherosklerose „Sporn (28)“. Der Gegenspieler von TGF ist PGE1, ein Syntheseprodukt des Arachidonsäurezyklus, wofür ein relativ hoher Sauerstoffpartialdruck benötigt wird (26,29). Im Rahmen der zunehmenden Tumeszenz des Schwellkörpers kommt es wie oben beschrieben zu einer Zunahme von intrazellulären cAMP „Baum (3)“, und dieser Faktor reguliert die PGE1 Synthese im Schwellkörper. Prostaglandin-E1 relaxiert die glatte Trabekularmuskulatur, hemmt die Kollagen- und Bindegewebssynthese und induziert die Kollagenase und den Matrixumbau im Schwellkörper. Nehra et al. zeigten im Tiermodell, daß die Injektion von TGF in den Schwellkörper zu einer Abnahme der glatten Muskulatur führte „Moreland (22)“. Die gleiche Gruppe zeigte auch im diabetischen Hasenmodell, daß die glatten Muskelzellen um so mehr verringert waren, je stärker die diabetischen Veränderungen waren.
In dem hypercholesterinämischen, atherosklerotischen Hasenmodell konnte gezeigt werden, daß mit abnehmender Durchblutung einerseits die Erektilität der Tiere abnahm, andererseits die Synthese von TGFzunahm und die von PGE1 abnahm „Nehra (25)“. Das Endresultat war eine Verminderung der glatten Trabekularmuskulatur, eine zunehmende Fibrosierung des Schwellkörpers und damit eine reduzierte Elastizität der Schwellkörper.
Aufgrund dieser Daten kann man schließen, daß alle vaskulären Risikofaktoren, wie z.B. Ischämie, Atherosklerose, Hypercholesterinämie, Hypertonie und Diabetes mellitus Veränderungen in den Endothelien herbeiführen und damit die parakrine Regulation der Trabekelzusammensetzung. Das Resultat sind Veränderungen der glatten Muskulatur, zunehmende Anlagerung von extrazellulärer Matrix (Fibrosierung), Zellatrophie, Verminderung der Zellteilungsrate (Hypoplasie) und damit verminderte Kontraktilität und Gewebscompliance (Abb. 2).
Wie eingangs erwähnt scheint der Sauerstoffpartialdruck eine ganz zentrale Rolle bei der Regulation der Schwellkörperfunktion zu sein, und gute Sauerstoffsättigung scheint es nur in der Tumeszenzphase des Penis zu geben.
Die Tumeszenzphase wird einerseits bei sexueller Erregung erreicht, andererseits auch während des Schlafes. Fischer et al. berichteten, daß Männer 3-4 erektile Episoden während der Nacht haben und somit eine gute Oxygenierung der Corpora cavernosa für etwa 1,5 – 3 Stunden erreicht wird. Bei gesunden Männern bestehen diese nächtlichen Errektionsphasen lebenslänglich, nehmen allerdings an Frequenz und Dauer ab „Fischer (10)“. Diese Erektionsphasen finden während der REM Schlafphase statt. Sie fehlen komplett bei Patienten mit Störungen des REM Schlafes, z.B. bei Schlafapnoe, oder sind vermindert bei Narkolepsie und Epilepsie.
Auch andere Erkrankungen, welche mit einer verminderten Sauerstoffsättigung einher gehen, haben eine erhöhte Prävalenz für Erektionsstörungen. So ist die E.D. mit chronisch- obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) assoziiert und die Symptomatik verschlechtert sich mit abnehmender Lungenfunktion „Karacan (11)“. Potenzstörungen wurden auch bei Patienten nach ischämischen Episoden bei Sichelzellanämie beschrieben. Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz leiden durch die verminderte Sauerstoffversorgung der Schwellkörper an Erektionsstörungen. Die sich von diesen Krankheitsbildern ableitenden Therapien führen in vielen Fällen auch wieder zu einer Verbesserung der Erektilität:
· bei COPD Patienten führte eine Langzeitsauerstofftherapie in 42% zur Wiedererlangung der Erektionsfähigkeit
· Continuous positive air pressure (CPAP) verbesserte die Erektilität bei 33% der Schlafapnoepatienten
· Erythropoetingabe bei Patienten mit Niereninsuffizienz führte in 56% zur Wiedererlangung der Potenz
· SKAT-Therapie führte in 23% der Anwender zu einer „Heilung“ der E.D. vermutlich durch Verbesserung der Sauerstoffversorgung der Schwellkörper „Basile (2)“.
Prophylaxe und Prevention
Aufgrund all der angeführten Tatsachen scheint sich ein Therapieansatz abzuzeichnen, der lautet:
Erektionen sind gut für Erektionen !
Die Sauerstoffversorung der Schwellkörper verbessert sich während der erektilen Phase, damit wird einerseits die PGE1 Synthese gefördert und die TGF-1 Produktion reduziert. Damit verhindert man die zunehmende Fibrosierung der Schwellkörper und eine adäquate Vasodilatation bei sexueller Stimulation. Die nächtliche Tumeszenzphasen bedingen eine Verbesserung der cavernösen Schwellkörperdurchblutung für 1-3 Stunden.
Abschließend sei auch noch auf die Bedeutung der sexuellen Aktivität hingewiesen. Martin et al. untersuchten darin 188 Paare, welche mehr als 25 Jahre miteinander verheiratet waren. Die Paare, welche in jungen Jahren sexuell sehr aktiv waren (2,3 x Geschlechtsverkehr pro Woche), waren auch nach dem Beobachtungszeitraum zu 81% potent. Diejenigen Paare die sexuell wenig aktiv waren (1,7 x Geschlechtsverkehr pro Woche) berichteten im Alter zu 75% über Erektionsstörungen „Martin (Arch.Sex.Beh. 1981)“.
Zusammenfassung
Die Untersuchungen über die molekularen, auto- und parakrinen Mechanismen der Erektion, die Ätiologie der Fibrosierung der Corpora cavernosa und die vaskulären Ursachen der erektilen Dysfunktion steckt erst in den Anfängen. Es bedarf noch einer Reihe von Untersuchungen um die Ratio – glatter Muskulatur / fibröses Bindegewebe zu verstehen. Wie wird der Bindegewebsumbau im Corpus cavernosum reguliert ? Was sind die molekularen Mechanismen welche die Potenz aufrecht erhalten ? Ist die nächtliche Erektion der Schlüssel für die Aufrechterhaltung der Potenz, und kann sie verlängert werden ? Kann eine frühe Diagnose und eine entsprechende Therapie die Impotenz wieder reversibel machen ? All diese Fragen werden uns Andrologen in den nächsten Jahren beschäftigen und die Therapiestrategien für die Behandlung der vaskulären Impotenz modifizieren.